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Laudatio zur Preisverleihung der Enno und Christa Springmann-Stiftung am 24. Oktober 2015

Erzählungen aus Licht, Struktur und Farbe
Die Bilder der Wuppertaler Malerin Ines Pröve

Ein blauer, leuchtender, zerrissener Farbkörper, oder eine sich aufschwingende Bewegung in der Fläche schweben in oder vor dem Bildgrund, vielleicht auch in einem Raum, derie am unteren Bildrand kühl, grau zerschrundet erscheint, zum oberen Bildrand in helles, leuchtends Geld übergeht. Nichts steht auf solchen Bildern fest, alles scheint in Bewegung zwischen Fläche und Raum, zwischen Hell und Dunkel, zwischen Wirklichkeit und Erscheinung. Wir spüren vor den Kompositionen der Wuppertaler Malerin Ines Pröve eine aus sich selbst sprechende Energie, Erzählfreude, eine Kraft, Sichtbares sichtbar und wahrnehmbar zu machen, ein Miteinander von monumentaler Gestalt und mikroskopischer Strukturen. Lebhaft, leise, zugleich auffordernd verführen sie zum längeren und genaueren Hinsehen, auch Hineinträumen.

Seit 1998, also bald 20 Jahren, zeigt die Malerin Ines Pröve in vielen Ausstellungen ihre Bilder. Diese erzählen und faszinieren von gegenstandslosen Räumen, zugleich von Erinnerungen und Anspielungen auf Landschaften und Oberflächen unserer Erde und unseres Himmels. Die Malerin erzählt nicht mit Worten und Texten, also dem Medium der Sprache, sondern mit Farben und Strukturen von dem Formen- und Farbenspiel unserer Welt. Wer in ihre Bilder hineinschaut, fühlt sich zu Entdeckungen verführt, zum Anschauen von Farbstimmungen, Übergängen, von zerfasernden Dunkelheiten in helleren Schichten, von materialhaften Strukturen wie aus Erden, Schottern und Steinen zu leuchtenden, lichten Helligkeiten aus reiner Farbe. Wir spüren das Materialhafte des unruhigen Farbauftrags, wir spüren zugleich das "Klingen" des Farblichts, das sich aus den Strukturen heraus bildet, durch den Wechsel und das Miteinander makroskopischer und mikroskopischer Farbereignisse - alles ist in einem synästhetischen Klangerlebnis aus optischer Erscheinung vereint. Für Ines Pröve war sicherlich die Begegnung mit ihrer Lehrerin, der Wuppertaler Malerin Prof. Eva-Maria Kentner von entscheidender Bedeutung. Aber auch die bewusste Auseinandersetzung mit den Befreiungsakten der Malerei Emil Schumachers in den frühen 1950er Jahren und der Lichtmalerei des William Turner gaben Ines Pröve die Sicherheit für den eigenen Weg. "Die Strukturen der Erde, gleich ob ich sie vom Flugzeug aus betrachte oder einen kleinen Kieselstein in der Hand halte und seine Maserungen mit den Augen verfolge, sind Gegenstand meines inneren Bildes." sagt Ines Pröve von ihrer Arbeit. "Mit meinen Bildern möchte ich den Betrachter zu einem Spaziergang mit den Augen in die Spuren und Schichtungen einladen." Sie wagt dabei auch die Kombination verschiedener Materialien wie Pastellstifte, Kohlestifte, Ölkreiden und Pigmente, sie wagt Zerstörungen und Einkratzungen. Ihre Bilder zeigen so den Prozess des Entstehens selbst, sie werden zu Kompositionen aus informellen gegenstandslosen Farbverläufen und Zusammenballungen, zugleich lassen sie Anspielungen und Erinnerungen an Landschaftliches zu. Gelbe Sonnenfelder verbreiten sich in hellem Blau, orange Ockerfarben mit dunklen Rotbraun-Schichten werden zu schwebenden Erscheinungen vor dunklem Blau.

Ines Pröve malt nicht einfach Farben, sondern macht deren eigene Materialität sichtbar. Ihre Bilder entstehen oft durch Inspirationen auf Reisen, zum Beispiel zur Inselprovinz Yaiza auf Lanzarote. Zerklüftete Felswände, verschrundete dunkle Böden, hell bewegte Wasserspiegelungen, HItze, Wärme, grelle Kontraste - sie erzählen von optischnen Erlebnissen in der Natur, zugleich von greifbaren, haptischen. Farben und Materialien lassen in ihrem Zusammenspiel bestimmte Atmosphären und Stimmungen entstehen.

Die Farbe, in der malerischen, vorimpressionistischen Tradition bis ins späte 19. Jahrhundert immer nur ein "unsichtbares" Medium, um Gegenständliches sichtbar zu machen, wird in den Bildern von Ines Pröve zu formbarem und sich formenden Material, das sich selbst in der eigenen Stofflichkeit sicht- und greifbar macht, be-greifbar im wörtlichen Sinne. Sie knüpft damit an die Malerei des Informel, aber auch des amerikanischen "Action painting" an, bzw. des "Tachismus" in Frankreich (frz. la tache, der Fleck). Sie vertraut damit auf die Bildungsfähigkeit der Farben selbst, auf eigenes autonomes Handeln, das die Malerin frei und in Szene setzt, zum Klingen bringt. Farbe als reine Materie, als tastbares Material wurde von vielen Künstlern entdeckt, um Emotion, Leidenschaft, Bewegung hervorzuheben, um die Expressivität von Farbe selbst zum Sprechen oder auch Singen zu bringen. In der Art, wie sie aufgetragen, vom Künstler auch bearbeitet wird, ist eine eigene gestische Wirkung zu spüren.

Dieses materialhafte Arbeiten mit der Farbe an sich macht Pröves Bilder zu Dokumenten von Zeiterfahrung. So wie Prozesse der Erstarrung, der Überflutung, der Erosion die Erdoberfläche prägen, so lassen ähnliche Vorgänge auf der Leinwand ein Bild entstehen. Makroskopisch sind sie Bilder aus weiter Entfernung, mikroskopisch finden wir diese Zeit speichernden Strukturen.

Ines Pröve hat bewusst jede Festlegung oder Deutungsrichtung durch Bildtitel vermieden. Ihre Bilder sollen jedem ganz freie Assoziationen ermöglichen, eben von sich selbst erzählen.

Es gibt einen berühmten Tagebuchsatz von Paul Klee aus dem Jahr 1914, aus den Tagen seiner Tunisreise. "Die Farbe hat mich. Ich brauche nicht nach ihr zu haschen. Sie hat mich für immer, ich weiß das. Das ist der glücklichen Stunde Sinn: ich und die Farbe sind eins. Ich bin Maler." Ines Pröve ist Malerin, auch sie hat viele Inspirationen auf ihren Reisen in südliche Gefilde gesammelt. Die Farbe hat sie, in ihrer Stofflichkeit, Energie, ihren Klängen und Tönen. Ines Pröve ist Malerin!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und möchte meine Freude mitteilen, dass diese Wuppertaler Künstlerin Preisträgerin der Enno und Christa Springmann-Stiftung geworden ist

Eröffnungsrede von Gisela Schmoeckel zur Vernissage "Yaiza - meine Inspiration" 2014

Ines Pröve, Yaiza - meine Inspiration
Vernissage in der Kanzlei Engel & Paschhoff, Wuppertal am Samstag, 28. Juni 2014

Sie kennen sicherlich alle die Sehnsucht und auch Freude, anderen Menschen Bilder von Ihren Reisen zu zeigen, zu erzählen, von den Farben der Sonnenuntergänge, von dem unbeschreiblich blauen Himmel, von wilden Wegen zu hohen Bergen, von der Luft, dem Licht, dem Wasser. Die Erinnerung an unsere Reisen versinkt dann nach einiger Zeit im Alltagsleben, aber wir können sie auch wieder abrufen, diese inneren Bilder, die wir gesehen haben.

Ines Pröve hat im vorigen Jahr eine Reise nach Lanzerote gemacht, genauer in die Inselprovinz Yaiza, und viele Bilder gesehen und mitgenommen, als Eindruck, als atmosphärische Erlebnisse. In ihrem Atelier hier zu Hause im oft vom diffusen Graulicht geprägten, fecht-kühlen Klima - heute gerade nicht - hat sie sich von diesen Erlebnissen zu Bildern inspirieren zu lassen. Yaiza - meine Inspiration ist das Motto der Ausstellung und bis auf ein dreiteiliges, leuchtend gelb-grundiges Bild im Büro und Arbeiten in der Küche finden wir hier nur Bilder aus diesem Reiseerinnerungsland.

Wir spüren, dass Ines Pröve uns von den Stimmungen, den Farben, den Strukturen dieser Erinnerungsbilder erzählt, obwohl wir genau genommen, gar keine Landschaftsbilder sehen. Wir sehen ein wunderbar helles, leuchtendes Grünfeld, hier an der Zwischentür angebracht. Schauen wir länger hin, spüren wir eher einen Licht- oder Farbraum aus Grün, durchsichtig, tiefgründig, so klar und so lebendig wie Wasser - und tatsächlich gibt es auf Lanzarote,einen See, dem eine besondere Algenart dieses geheimnisvolle Grün verleiht. Wir sehen keinen aufragenden, abweisenden Vulkankegel, sondern Farbkompositionen aus lavafarbenen Schwarztönen, in die sich dunkelstes Blau mischt, in denen rote Einsprengsel aufleuchten, die von dichteren Farbaufträgen geprägt, ja reliefiert erscheinen und wir spüren die lavaschrundige Oberfläche der Erde in Lanzarote. Am liebsten möchten wir über die Oberfläche der Bilder mit der Hand streichen, die von Pinselstab geritzen, vom Spachtel aufgerauhten Partien in den Fingerspitzen fühlen. Wir vermuten Hitze in den Bildern der rot-orangen Feuerfarben, beruhigende Kühle in den Blau-Grün-Tönen.

Ines Pröve malt nicht illusionistische Landschaftsbilder, sondern formt mit Bindemittel, Ölfarben und körnig eingestreuten Pigmenten Schichtenbilder, die ihren Entstehungsprozess sichtbar machen, die zeigen, wie das Material Farbe selbst aktiv Formen schafft, Strukturen. Die Farbe, in der malerischen Tradition bis ins späte 19. Jahrhundert immer nur ein "unsichtbares" Medium, um Gegenständliches sichtbar zu machen, wird in den Bildern von Ines Pröve zu formendem Material, das sich selbst in der eigenen Stofflichkeit sicht- und greifbar macht. Begreifbar im wörtlichen Sinne wird, zugleich aber immer auch Träger von Farbinformation bleibt. Mit ihrer Technik zeigt die Malerin Schichtungen, Verwerfungen, Schrunden, Risse, Einkerbungen und wenn Sie das Wasserbild rechts von dem großformatigen grünen mit dem Feuerbild an seiner Seite vergleichen, dann fällt Ihnen auf, dass sich der Rhythmus des Farbauftrags selbst ins Spiel bringt. Das blaue, dem Element Wasser gewidmete Bild, ist in ruhigen, horizontal verlaufenden Farbaufträgen überstrichen, man sieht die Spuren eines Rakel, wir fühlen die sanfte, kühlende ruhig bewegte Wasseroberfläche. Das rot flammende Bilder daneben, dem Element Feuer gewidmet, ist von runden, aufwärts strebenden Schwüngen des Farbauftrags geprägt - wir spüren den Atem des Feuers.

In Yaiza mit seinem hohen Vulkan, dem Meer, dem Licht des hellen Himmels und der hellen Erde spürt sich die Malerin den Elementen ganz nah. Die Insel ist noch ganz von ihrer eruptiven Entstehung geprägt. Ganz jung ist hier noch die Erdgeschichte, ganz nah kommen ihr hier die Menschen. Ines Pröve stellt sich mit ihrer Malerei in eine nun schon bald 60jährige Tradition der Kunst. Sie kennen alle die Bilder des sogenannten Informel, die Tropf-Bilder von Jackson Pollock, die Bilder von Emil Schumacher aus Hagen, der in den 1950er Jahren zum ersten Mal in Deutschland seine aus dem Fließen und Verschrunden von Farbmaterie selbst erschaffenen Arbeiten zeigte.

Dem amerikanischen "Action painting" entspricht in Frankreich der "Tachismus" von frz. la tache, der Fleck, der im Vertrauen auf die Formkraft der Farben selbst ihr eigenes Autonomes Handeln in Szene setzt. Farbe als reine Materie, als tastbares Material wird von vielen Künstlern entdeckt, um Emotion, Leidenschaft, Bewegung hervorzuheben, um die Expressivität von Farbe selbst zum Sprechen oder auch Singen zu bringen. In der Art, wie sie aufgetragen, vom Künstler auch bearbeitet wird, ist eine eigene gestische Wirkung zu spüren.

Vor einigen Jahren noch malte Ines Pröve Bilder von Erdoberflächen wie aus großer Flughöhe gesehen, dunkle, geheimnisvolle Farbräume, aus denen Licht wie aus Höhlen auftaucht. Die Bilder von der Reise nach Yaiza sprechen auch von Nacht, von dunkel gefärbter Lava, von ihren Erstarrungsformen, aber sie wirken fast ohne Ausnahme wie von Licht erfüllt, als würde sich hier ein erhellter, durchleuchteter Lichtraum zum freien Atmen öffnen. Selbst in dem geheimnisvollen Nachtbild erzählen weiße Fleckensterne vom Licht und in den Krakelurartigen Einzeichnungen von schriftartigen Kürzeln könnten Botschaften verborgen sein.

Pröve Bilder entstehen prozesshaft, wir können sie auch als Dokumente von Zeiterfahrung empfinden. So wie Prozesse der Erstarrung, der Überflutung, der Erosion die Erdoberfläche prägen, so lassen ähnliche Vorgänge auf der Leinwand ein Bild entstehen. Makroskopisch können wir sie als Bilder aus weiter Entfernung verstehen, mikroskopisch finden wir diese Zeit speichernden Strukturen auch in nächster Nähe auf der Erde beim Anschauen eines Steinabbruchs, auf den Bildern hier auch in Ausschnitten.

Das Geheimnis ist ihre Stimmigkeit der Struktur im Großen und im kleinsten Ausschnitt - gut zu beobachten beim Aufsuchen des Bildausschnitts, den Ihre Einladungskarte zeigt. Sie ist auch als Ausschnitt ein komplettes Bild. Diesen Eindruck erzielen die Bilder auch durch ihren "All over"-Charakter. Sie sind einzelnes Bild und können doch wie aus einem größeren Ganzen ausgeschnitten, herausgenommen wirken. Ines Pröve-Hesse hat bewusst jede Festlegung oder Deutungsrichtung durch Bildtitel vermieden. Ihre Bilder sollen jedem ganz freie Assoziationen ermöglichen, eben von sich selbst erzählen.

Ines Pröve hat neben ihrer Berufstätigkeit als Berufsschul-Pädagogin von 1990 bis 1995 bei der bekannten Wuppertaler Malerin Professor Eva Schoofs-Kentner und in der Europäischen Akademie in Trier studiert. Seit 1998 zeigt sie ihre Bilder in vielen Ausstellungen und beteiligt sich auch an Gruppenausstellungen. Ihre Bilder befinden sich heute vielfach in Privatbesitz im In- und Ausland.

Es gibt einen berühmten Ausspruch von Paul Klee, der selbst auch schon in seinen Bildern mit Kratzspuren ihre Materialhaftigkeit entdeckt hat. " Die Farbe hat mich" - ein Satz, dem auch Ines Pröve zustimmen wird. Die Farbe hat sie, in ihren Klängen, Tönen und ihrer Materialität.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen die Freude an diesen Farb-Erzählungen.

Ines Pröve über ihren Malprozess

Nicht ohne Grund habe ich 1990 meine Lehrerin Prof. Eva Maria Schoofs - Kentner gesucht und gefunden. Ihre Stillleben und abstrakten Landschaften, in denen das Licht geheimnisvoll eingefangen war, haben mich magisch angezogen.

Seit Jahren bin ich auf der inneren Suche nach meinem „Mauerbild“. Zerklüftete Strukturen von Steinen und Mauern, die den Zerfall der Zeit in sich tragen, faszinieren mich. Diese Strukturen, die sich wiederholen, gleich ob man die Erde aus dem Flugzeug aus betrachtet oder einen kleinen Kieselstein in der Hand hält und dessen Maserungen mit den Augen verfolgt, sind Gegenstand meines inneren Bildes. Das genaue Hinschauen hatte ich schon viele Jahre mit dem Macroobjektiv meines Photoapparates eingeübt.

Mit meinen Bildern möchte ich den Betrachter zu einem Spaziergang mit den Augen in die Spuren und Schichtungen einladen. Zunehmend habe ich mit Verletzungen, gezielten Zerstörungen und Einkratzungen in der Bildfläche experimentiert. Das bedeutete auch neue Materialien wie Pastellstifte, Kohlestifte, Ölkreiden und Pigmente hinzuzunehmen. Das Wagnis, etwas Gelungenes wieder zu zerstören und das Neue daraus wachsen zu sehen, stellt die eigene Arbeit immer wieder in Frage. In späteren Werken habe ich das Aufsetzen von schwarzen Zeichen wieder aufgegriffen, die hieroglyphenähnlich oder den asiatischen Schriftzeichen entlehnt dem Bild eine zeichenhafte Struktur zurückgeben. Damit versuche ich der emotionalen Farbigkeit einen kalkulierten Akzent entgegenzusetzen. Der Betrachter bleibt im Unklaren, was er nun genau zu sehen hat. Allusionen können an Höhlenzeichnungen und Landschaften anknüpfen und doch soll es keines von beiden tatsächlich sein. Hier beginnt das eigentliche Abenteuer, nämlich die Freiheit sich den eigenen Assoziationen überlassen zu dürfen und auf seine eigene „Innenreise“ in der Bildbetrachtung zu gehen. Der Betrachter kann auf Entdeckungsreise gehen, ohne durch einen vorgegebenen Titel gebunden zu sein; deshalb haben meine Bilder keinen Titel.

Erst wenn ich eine Zeit lang mit dem Bild gelebt habe und es meinen Stimmungen und den verschiedenen Lichtverhältnissen des Tages und der Jahreszeiten stand gehalten hat, gebe ich es in die Öffentlichkeit. Stark inspiriert haben mich unter anderen die Maler Turner und Emil Schumacher.

Auszug aus der Einführung Dr. Michael Zeller Hochschulsozialwerk 2009

Einführende Worte von Dr. Michael Zeller anlässlich der Ausstellungseröffnung in der Kneipe des Hochschulsozialwerks Wuppertal 2009, Zitate:

...Was dem Schriftsteller sofort ins Auge springt, ist die Titellosigkeit der hier ausgestellten Bilder. Das passt gut zu ihnen, die sich von der Gegenständlichkeit des Abbildens gelöst haben. Sie stellen nichts anderes dar als sich selbst. Es sind „Farben und Pigmente“. Willkürlich.

Ines Pröve verzichtet aufs Benennen – als eine Ablenkung vom Sehen. Sie lässt dem Betrachter die Freiheit des Blicks, räumt der Wahrnehmung Äußerlichkeiten beiseite. Sie steuert das Schauen nicht. Mag es sich doch selbst einen Namen erfinden, seinen eigenen Reim machen auf das Gesehenen. Ich jedenfalls bin für diese Ungebundenheit dankbar. „Wenn ich ein Bild sehe, vergesse ich, was es darstellt. Wichtig sind nur noch die Linien, Formen und Farben.“ Diese Einsicht stammt nicht von mir. Ein sehr viel Berufener hat sie formuliert: Henri Matisse.

Auf den Bildern von Ines Pröve wird dem Bertachter, wird uns die Freiheit belassen, dem Malen selbst zuzusehen. Es spricht sich ungestört, unabgelenkt aus – die Materialität der Farbe, und damit nichts anderes als die Natur selbst, der wir die Farben verdanken. Uns bleibt es, mit unseren Augen der Gestik des Pinsels nachzufahren, der Energie des Machens. Hier wirkt eine Kraft, die tatsächlich unbenennbar bleiben soll: die Kraft des Machens. Die Kraft, wenn man hoch hinaus will, einer menschlichen Schöpfung. Woraus die sich endlich speist, das weiß Ines Pröve so wenig wie der Bildhauer, der Komponist, der Schriftsteller, der das seine macht, er weiß kaum warum und zu welchem ´Zweck. Und wehe, er wüsste es.

Unser aller Wissen um diese Kraft ist gering. Begnügen wir uns: Sie ist da. Sie wirkt. Das muss reichen.

Und wir alle profitieren davon, die wir jetzt hier vor diesen Bildern stehen.

Auszüge aus der Eröffnungsrede von Susanne Buckesfeld M.A. in der Praxis Vesper 2006

Ines Pröve: Farbe, Form und Zeichen.

Die neuen Arbeiten der Malerein Ines Pröve, die in dieser Ausstellung zu sehen sind, weisen einige signifikante Unterschiede zu ihren älteren Werken auf.

Es dominieren helle Farbtöne, vor allen Dingen Gelb und ein lichtes Graublau, die unmittelbar den Eindruck von Leichtigkeit vermitteln, auch wenn sie oftmals durch schwarze Linien mit dunklen Akzenten versetzt sind. Diese Kontraste sorgen vielmehr geradezu dafür, dass die sonnigen und freundlichen Farben der Palette von Ines Pröve noch stärker in den Vordergrund rücken. Ganz bewusst setzt sich Pröve damit von den schwermütigen Tönen ab, die in den älteren Arbeiten dominierten. Im Unterschied zum Festen und Bodenständigen der älteren Arbeiten, so kann man sagen, hat sich Ines Pröve in ihren neuen Arbeiten gleichsam in höhere, geistige Gefilde aufgemacht.

Betrachtet man die Arbeiten von Ines Pröve, so fällt auf, dass die Linie dort ungleich häufiger als gestalterisches Element eingesetzt wird als der Punkt. Kandinsky schreibt über die Linie in einleitenden Sätzen: „Sie ist die Spur des sich bewegenden Punktes, also sein Erzeugnis. Sie ist aus der Bewegung entstanden – und zwar durch die Vernichtung der höchsten in sich geschlossenen Ruhe des Punktes. Hier wird der Sprung aus dem Statischen in das Dynamische gemacht.“ So wie Pröve gewissermaßen den Sprung von der Erde in die Lüfte gewagt hat, so haben die neuen Arbeiten durch den vermehrten Einsatz von Linien gleichfalls eine größere Dynamik erhalten. Die unterschiedlichen Spannungsverhältnisse zwischen diagonalen oder einander kreuzenden Linien, wie Kandinsky sie so akribisch untersucht hat, macht Pröve sich zusätzlich zunutze, um den Eindruck von Energie und Bewegung zu verstärken.

Dies kommt nicht von ungefähr, denn tatsächlich ist das Moment der Bewegung für die Arbeitsweise Pröves von höchster Bedeutung. In ihren neuen Arbeiten verwendet sie neben Ölfarben und -kreiden nämlich auch schwarze Tuschestifte, mit denen sie dazu gezwungen ist, die Linien mit viel Schwung und einem hohen Maß an Gestaltungsvermögen auf die Bildoberfläche zu setzen. Aus der spontanen Bewegung des Armes heraus entstehen diese Linien und sorgen nicht nur für die außerordentlich dynamische Gestik in ihren Bildern, sondern orientieren sich außerdem an chinesischer Kalligraphie, für die sich Pröve in den letzten Jahren verstärkt interessiert. So bilden die schwarzen Linien nicht nur das Grundgerüst für kompositorische Formen, sondern gemahnen in ihrem spezifischen Aufbau außerdem an die Struktur von imaginären fernöstlichen Schriftzeichen. Auf diese beiden Aspekte von Form und Zeichen möchte ich nun der Reihe nach eingehen.

Seestücke sind darunter besonders häufig auszumachen, die Pröve in Reihen arrangiert, um den Prozess der fortschreitenden Reduktion erkenntlich zu machen. Es geht ihr darum, die malerischen Mittel von Farbe und Form soweit zu beschränken, dass die größtmögliche Offenheit der Bildstruktur erreicht wird bei gleichzeitigem Verweis auf das Thema Landschaft.

Auszüge aus der Einführungsrede der Ausstellung in Müllers-Marionettentheater von Susanne Buckesfeld 2004

Ines Pröve: Malerische Linien

Auch die Künstlerin Ines Pröve-Hesse bedient sich in ihrer Malerei den Strukturen der Landschaft, ohne dass ihre Kunst die Abbildung einer bestimmten Ansicht oder Topografie darstellt. Pröve-Hesse besitzt die künstlerische Freiheit und das Vermögen, von den landschaftlichen Formen, von den Grundprinzipien der Landschaft auszugehen, um diese dann „in malerischen Linien“ abstrahierend umzusetzen. Immer wieder führen Reisen Ines Pröve-Hesse nach Italien oder Südfrankreich, wo sie die sie umgebende Natur eingehend studiert und mit Hilfe der Fotografie auch dokumentiert. Das genaue Studium ermöglicht ihr, mit den Mitteln von Farbe, Linie, Komposition – also den Sprungfedern der Kunst – ihre jeweilige Landschaftserfahrung zu visualisieren.

Waren es vor einiger Zeit noch überwiegend erdige Töne, mit denen sie ihre Leinwände bedeckte, ist die Palette für die jüngsten Werke stark aufgehellt. Von den Arbeiten, die an Höhlen oder Erdformationen erinnern, hat sich Pröve-Hesse gelöst, ja sie ist sozusagen vom Boden in die Höhe aufgestiegen. Denn nun dominieren helle Farben, neben Abmischungen von Weiß sind dies vor allem lichte Blau- und Gelbtöne, die die Künstlerin miteinander in Beziehung setzt. Dabei kommen sich die beiden Komplementärfarben allerdings nicht ins Gehege, in einer gekonnten Abmischung steigern sie gegenseitig ihre Leuchtkraft, ohne miteinander zu konkurrieren oder sich etwa zu „beißen.“ Beide Farben sind zumeist von gleicher Wertigkeit, so dass sich die Wirkung von Himmel und Sonne, von Luft und Licht, aber auch von Erde und Wasser ergibt. Es sind die vier Elemente, die Basis aller Dinge und allen Lebens, die hier durch den pastosen Farbauftrag gleichsam materialisiert werden.

Es sind durchweg offene Linien, die die Formen nie ganz umschließen, sondern sie nur umreißen und eine grundsätzliche Offenheit bewahren. Manchmal wirken die dicken schwarzen Linien wie Kürzel auf erdigem Grund, wie archaische Höhlenmalereien. Manchmal deuten sie den Verlauf einer Topografie an, oder sie scheinen unserer Auffassung von den Bestandteilen einer Landschaft zu entsprechen.

Er (Goethe - Anmerkung des Verfassers) definiert den Stil vielmehr als ein überzeitliches Merkmal: „Gelangt die Kunst durch Nachahmung der Natur, durch Bemühung sich eine allgemeine Sprache zu machen, durch genaues und tiefes Studium der Gegenstände selbst endlich dahin, dass sie die Eigenschaften der Dinge und die Art wie sie bestehen, genau und immer genauer kennen lernt, dass sie die Reihe der Gestalten übersieht, und die verschiedenen charakteristischen Formen neben einander zu stellen und nachzuahmen weiß: dann wird der Stil der höchste Grad wohin sie gelangen kann, der Grad, wo sie sich den höchsten menschlichen Bemühungen gleichstellen darf. (Es) ruht der Stil auf den tiefsten Grundfesten der Erkenntnis, auf dem Wesen der Dinge

Ines Pröve-Hesse erfüllt mit ihren malerischen Linien meines Erachtens Goethes Bedingungen für den Stil: sie führt uns das Wesen der Naturbetrachtung vor Augen.

Susanne Bien zur Ausstellung „Augenwanderungen“

Fast beruhigend wirken die Bilder von Ines Pröve... voller Erdfarben, ansprechend, kontrastreich, und doch wie aus einem Guss. Die Farbflächen gehen ineinander über oder überlagern sich.

Dicke Schichten von Ölfarben, Materialhaftes wie Schellack, Gummi arabicum, Holzkohle und vielfach zu entdeckende Spuren, die der bei manchen Bildern bis zu zwei Jahren dauernde Entstehungsprozess hinterlassen haben, geben Gelegenheit, den Blick schweifen zu lassen.“

Auszug aus der Einführungsrede von Prof. Ingo Schmitt im Obendiek-Haus der Immanuelskirche 1998

Ines Pröves Bilder stehen uns eben nicht als Raum füllende Gegenstände gegenüber. Erst in der Zeit erschließen sich nach und nach ihre Strukturen und Inhalte, stellen sich nach und nach die Beziehungen zwischen diesen heraus, ordnen sich die Einzelheiten zu demjenigen organisierten Ganzen, dass uns den Inhalt vermittelt und uns zur Teilhabe einlädt.

Da kann es sein, dass der Raum des Bildes von Gebilden durchschnitten wird, die auf den ersten Blick etwas von Balken vermitteln, sich dann aber in durch das Fehlen architektonischer Stützen als Gesten von großer Eindringlichkeit erweisen, als Bewegungsspuren oder als Zeugen archaischer Krafteinwirkungen.

Ines Pröve lädt uns zum „Hinschauen“ ein, zu einem Hinschauen der besonderen Art, zur „Augenwanderung“. Es könnte sein, dass wir damit etwas gewinnen, das uns gegen die Unkultur des allzu raschen stets ersten Blickes, auf den kein zweiter folgen kann, weniger anfällig macht.